In-Ear Monitoring auf der Bühne - der bessere Weg!
So lange ich denken kann, war und ist auch heute noch das Problem eines jeden Musikers, dass er sich auf der Bühne optimal hören kann, bzw. natürlich auch das, was seine Mitmusiker und Mitmusikerinnen spielen und singen. Je größer die zu beschallende Fläche, um so größer fällt die Lautsprecheranlage für die Beschallung FOH = Front of House) aus, und um so schwieriger ist es, selber noch einigermaßen differenziert zu hören, was man oder die anderen auf der Bühne spielen. Vor allem der Gesang ist da problematisch, weil gerade dieser mit die leiseste Tonquelle ist. Ein Drumset ist von Haus aus schon sehr laut, Gitarren und Bass werden in der Regel über einen Verstärker auf der Bühne gespielt, die zudem noch den Geräuschpegel auf der Bühne erhöhen. Der Gesang wird über ein Mikrofon verstärkt und über eine Lautsprecheranlage für das Publikum verstärkt. Will der Sänger oder die Sängerin dies auch hören, müssen auch Lautsprecher in dessen Richtung strahlen. Hierfür verwendet man separate Lautsprecherboxen, um die Lautstärke unabhängig vom FOH regeln zu können.
Bei kleineren Veranstaltungen reicht es, wenn die Sänger sich ein wenig vor der FOH-Anlage positionieren. Wird es lauter, bekommt man Probleme mit Feedback, d.h. das Signal aus den Lautsprecherboxen wird vom Mikro aufgenommen und verstärkt, was schnell in einer Rückkopplung resultiert.
Eine andere Variante sind Sidefills, das sind Boxen, die die Bühne von der Seite beschallen. Das Wird aber auch meistens nur bei geringeren Lautstärken eingesetzt, meistens auch dort, wo sich die Musiker auf der Bühne frei bewegen, wie z.B. bei Musicals
Verbreiteter- gerade auf Rock- und Pop-Bühnen sind Monitorboxen, die angewinkelt (meistens schon bauartig so konzipiert) auf dem Boden und üblicherweise direkt vor den Musikern stehen. Das hat zum einen den Vorteil dass die Musiker direkt angestrahlt werden, was eine geringere Lautstärke erfordert, als wenn die Boxen weit strahlen müssen, zum anderen, weil sie so nicht direkt in die Gesangs-Mikros strahlen, was die Feedback-Beständigkeit erhöht. Die meisten Gesangs-Mikrofone haben eine Nieren-Charakteristik, d.h. sie nehmen keinen oder nur minimal Schall auf, der von der dem Mikrofon-Kopf abgewandten Richtung kommt.
Trotzdem ist es gerade bei hohen Lautstärken auf der Bühne schwierig, einem Musiker ein einigermaßen differenziertes Monitorsignal zu liefern, und man muss bedenken, dass jeder Lautsprecher auf der Bühne die Lautstärke dort noch weiter erhöht, was auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit, gerade die der Ohren hat.
In Tonstudios arbeitet man schon Jahrzehnte lang mit Kopfhörern, gerade weil man dort jede unnötige Geräuschquelle vermeiden möchte, um möglichst saubere und differenzierte Aufnahmesignale zu bekommen, und weil auch die Musiker über Kopfhörer besser hören können. Dort verwendet man allerdings Ohr-umschließende Kopfhörer um eine besonders gute nach Geräuschdämmung nach Außen zu bekommen. Solche Kopfhörer würden auf der Bühne technisch genauso sinnvoll sein, allerdings optisch unvorteilhaft. Daher sieht man höchstens mal einen Drummer mit solch Ohrhörern, wo es nicht so auffällt, da Drummer üblicherweise hinten auf der Bühne sitzen, also weniger im Blickwinkel und Fokus des Publikums.
Hier kommt jetzt die Variante mit den in-ear-Hörern in's Spiel. Solche Hörer tragen optisch nicht auf, benötigen wenig Leistung, da sie direkt im Hörgang sitzen, und können auch Geräusche von außerhalb gut dämpfen. Gerade hier kommt noch ein weitere sehr wichtiger Aspekt für den Einsatz von IEM auf der Bühne, weil hiermit auch ein Gehörschutz gegeben ist. Nicht nur dass durch den Wegfall von Moitorboxen der Geräuschpegel auf der Bühne weniger wird, auch so ist eine Rock-Bühne noch laut, was man über die Nutzung von In-Ear Hörern je nach Dämpfung der Hörer kompensieren kann. Die beste Dämpfung bekommt man, wenn man speziell für den eigenen Hörgang angepasste Hörer verwendet. Hierfür werden Abdrücke des Gehörgangs genommen und dann angefertigt. Hier gibt es die Variante einer Otoplastik, wo ein handelsüblicher Ohrhörer eingesteckt wird, oder es wird aus dem Abdruck ein Ohrhörergehäuse angefertigt, in das die Mini-Lautsprechers eingebaut werden. Dies ist natürlich etwas aufwendiger und entsprechend teurer. Die Vorgehensweise einer Anfertigung von solchen customized Hörern hab ich hier schon einmal beschrieben.
Benötigte Ausstattung und Voraussetzungen
Nun, der Einsatz von in-ear Monitoring, kurz IEM, ist nicht unbedingt trivial. Es müssen ein paar Voraussetzungen vorhanden sein bzw. geschaffen werden, und man benötigt eine Minimum an Ausstattung.
Wie schon vorab geschrieben, benötigt jeder Musiker zumindest einen eigenen Kopfhörer, denn selbst wenn man mit Technik-Firmen zusammen arbeitet, und sich Technik stellen lässt, ist ein Ohrhörer doch eine individuelle und auch hygienisch sensible Angelegenheit. Viele Musiker bringen aus ähnlichen Gründen auch ihr eigenens Mikrofon mit, selbst wenn Technik gestellt würde. Und spätestens, wenn man das Optimum erreichen möchte, und sich angepasste Hörer fertigen lässt, sind diese natürlich individuell für einen Musiker nutzbar.
Als nächste benötigt man noch einen Empfänger, üblicherweise in einem Bodypack-Fromat, das man am Gürtel oder irgendwo anders am Körper befestigt. Diese Bodypacks gibt es als kabelgebundene Lösung, wo also ein Kabel mit dem Signal eingesteckt wird, oder als Drahtlos-Variante per Funkstrecke, bestehend aus einem Sender und dem Bodypack mit integriertem Empfänger. Kabelgebunden ist eher für Musiker geeignet, die Instrumentenbedingt an einem festen Platz positioniert sind, z.B. Drummer, Keyboarder, oder andere sitzenden Instrumentalisten, wie z.B. Streicher. Diese Technik, also bis auf den Hörer selbst, könnte man sich auch stellen lassen. Wer aber als Amateur oder in der Semi-professionellen Liga spielt, wird üblicherweise autark sein, und alles mitbringen. Es muss auch nicht unbedingt einen 1200 Euro teure professionelle Funkstrecke von Sennheiser sein, es gibt auch bereits ab 300 Euro gute Geräte, die für den normalen Einsatz völlig ausreichen.
Eine weitere Voraussetzung für IEM ist, dass ausreichend Monitorwege verfügbar sind, da gerade bei IEM jeder seinen eigenen individuellen Mix haben möchte. Bei den alten anaolgen Pulten waren meistens nur zwischen 4 und 8 Aux Wege vorhanden, von denen dann noch ein oder zwei für Effekte genutzt werden mussten. Die heutigen Digitalpulte haben eher ausreichend Wege verfügbar, benötigen von den vorhandenen keine für Effekte, sind ggf. noch mit wenig Aufwand erweiterbar.
Was viele anfangs nicht bedenken, gerade bei kleineren Clubgigs, wo nur das nötigste an Signalen abgenommen wird, wie Vocals, vielleicht Keyboards oder Akustikgitarre, dass man nur die Signale auf den Mix bekommen kann, die auch abgenommen werden, d.h. bei Einsatz von IEM läuft es darauf hinaus, dass alle Instrumente abgenommen werden, selbst wenn sie nicht über die PA verstärkt ausgegeben werden müssten. Dies wiederum bedeutet, dass auch ein entsprechendes Pult mit ausreichend Inputs verfügbar sein muss. Die Anzahl der Outputs hatten wir ja schon. Was ich damit sagen will, dass man als Band am besten fährt, wenn man als Band autark ist, sein eigenens Pult mitbringt, sowie die benötigten Funkstrecken.
Die Vorteile eines in-Ear Monitoring:
Was sind denn nun die Beweggründe, warum Musiker diesen Aufwand und Kosten auf sich nehmen? Aus meiner Sicht, ist das der konsequente Weg, und wenn man alles zusammen betrachtet, auch von den Kosten überschaubar. Letztlich benötigt man als Band in jedem Fall ein Minimum an Equipment, und das fängt bereits im Proberaum an. Man benötigt ein Mischpult, z.B. hat sich für den Einstieg ein Behringer XR18 bewährt, liegt derzeit bei ca. 650 Euro, liefert 16 Inputs und 6 Aux-Wege, also für einen 6-köpfige Band mit Standard-Besetzung völlig ausreichend. Zudem sind in dieser 35 x 14 x 15 cm kleinen Box alles an Effekten, was man benötigt, inklusive eines Routers für die Verbindung zu einem Tablet, um das Gerä#t zu bedienen.
Als Einstieg in IEM kann man mit dem LD System MEI 1000 für ca. 350 Euro starten, das gibt es auch für knapp 600 Euro mit zwei Empfängern, wo trotzdem zwei unabhängige Monitormixe geschickt werden können. Günstiger ist natürlich die kabelgebunden Variante. Passend zum Behringer gibt es auch noch den Powerplay P16 Personal Mixer, ein kleines Gerät, das über RJ45-Kabel mit dem Mixer verbunden wird, zum einen die vorhandenen 6 Aux-Wege nicht benötigt, also eine Erweiterung darstellt, zum anderen auch die Regelung des Mixes ermöglicht, und das sogar noch unter dem Preis einer LD Funkstrecke. Natürlich benötigt man auch hier einen Hörer. Auf der anderen Seite spart man aber auch die Anschaffung von Monitorboxen.
Dieses Setup kann - und sollte natürlich auch - im Proberaum genutzt werden, reicht auch so für die meisten kleineren bis mittleren Gigs, wo man dann direkt in eine vorhandene oder mitgebrachte PA geht. Will man das auch auf größeren Bühnen nutzen, wo Technik gestellt wird, beschafft man sich dazu noch zwei 8fach Splitter, z.B. Behringer Ultralink MS8000, baut das ganze in ein Rack - was sich eh empfiehlt - und schickt dann die 16 Kanäle aus diesem Rack an FOH, kann weiterhin unabhängig seinen eigenen Monitormix fahren.
Silent Stage - Die konsequente Weiterführung von IEM
Was meint der Begriff 'Silent Stage'? Es bedeutet, dass sich auf der Bühne keine unnötigen Soundquellen befinden, keine Verstärker, keine Monitorboxen und optimalerweise kein akustisches Drumset. Keyboards werden üblicherweise meist sowieso direkt in's Pult gespielt, Bass und E-Gitarren gehen auch ohne Amp diorekt in's Pult, was zu Zeiten von Profiling Amps kein Thema ist. Und wenn dann statt eines Akustik Drumsets ein E-Drum auf der Bühne steht, kommt so gut wie kein Geräusch mehr von der Bühne. Jedes Instrument wird abgenommen, und der Mann am Mischpult hat beste Voraussetzungen, einen perfekten Sound zu zaubern, weil es keine Einstreuungen in die wenigen, noch benötigten Mikrofone gibt. Die einzigen Mikrofone, die man noch auf der Bühne benötigt, sind für die Vocals, evtl. noch andere akustische Instrumente, wie z.B. Saxofon oder Akkordeon. Selbst Streichinstrumente könnte man problemlos abnehmen, was auf lauten Bühnen immer extrem problematisch ist.
Natürlich wird das Monitoring auf einer Silent Stage nicht über Wedges realisiert, die ja nur wieder inkonsequenterweise Tonquellen darstellen würden, sondern ausschließlich über IEM. Und genau dafür sind bei einer Silent Stage die besten Voraussetzungen gegeben: alle Instrumente sind abgenommen und sehr differnziert für den Mix verfügbar. Es hat auch weitere Vorteile, dass z.B. niemand mehr im Laufe des Gigs die Lautstärke am Amp verändern.
Fazit
Plus:
- Gehörschutz
- differenzierter FOH- und Monitor-Sound
- weniger Aufbauaufwand
- schnellerer Soundcheck
Minus:
- gewisser einmaliger Kostenaufwand
- nicht überall anwendbar